“Der Wert des Menschen, und der Mensch als Selbstzweck”

Der Wert des Menschen ist eine Frage, die Philosophen seit Jahrtausenden beschäftigt. Während sich die Antworten im Laufe der Zeit gewandelt haben, besteht ein grundlegender Konsens darin, dass der Mensch einen Eigenwert besitzt, der über seinen Nutzen für andere hinausgeht. Immanuel Kant formulierte es prägnant: Der Mensch soll niemals bloß als Mittel, sondern immer zugleich als Zweck an sich selbst betrachtet werden.

Diese anthropozentrische Sichtweise, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, wird jedoch zunehmend in Frage gestellt. Insbesondere neoliberale Ideologien, die den Markt als allmächtigen Regulator betrachten, tendieren dazu, den Menschen auf seine ökonomische Funktion zu reduzieren. In dieser Perspektive wird der Wert eines Menschen nicht mehr primär durch seine intrinsischen Qualitäten, wie Würde, Freiheit oder Autonomie bestimmt, sondern durch seinen Beitrag zur wirtschaftlichen Produktivität.

Der Mensch als Selbstzweck – eine Herausforderung neoliberaler Vorstellungen

Der Mensch wird in neoliberalen Modellen häufig als ein rational handelnder Akteur dargestellt, der seine eigenen Interessen verfolgt und durch seine Entscheidungen zum Wohl der Gesellschaft beiträgt. Diese Vorstellung vom “homo oeconomicus” vernachlässigt jedoch die soziale, kulturelle und emotionale Dimension des Menschen. Sie reduziert ihn auf ein ökonomisches Wesen, das sich ausschließlich nach dem Prinzip des größten Nutzens richtet. Das stimmt nicht, dass Menschen so sind,und ist eine zentrale (und schädliche) Fehleinschätzung der neoliberalen Akteure.

Die Folgen dieser Verengung des Menschenbildes sind vielfältig. Zum einen führt sie zu einer Entwertung von Tätigkeiten, die nicht direkt ökonomisch verwertbar sind, wie etwa Kunst, Wissenschaft oder ehrenamtliches Engagement. Zum anderen begünstigt sie eine Gesellschaft, in der Konkurrenz und Leistungsdruck allgegenwärtig sind. Der Mensch wird in einem ständigen Wettlauf um Anerkennung und Erfolg getrieben, der seine psychische Gesundheit gefährden kann.

Die neoliberale Vorstellung eines fremden, zweckgebundenen Werts des Menschen steht im Widerspruch zu unserer Intuition und unseren Erfahrungen. Wir empfinden uns selbst und andere als einzigartige Individuen mit einem eigenen Wert, der unabhängig von unseren Leistungen ist.

Die Würde des Menschen ist unantastbar und kann nicht durch ökonomische Kriterien relativiert werden

Es ist daher notwendig, die neoliberalen Vorstellungen vom Menschen zu hinterfragen und alternative Modelle zu entwickeln, die den Wert des Menschen in seiner Gesamtheit berücksichtigen.

Eine solche Anthropologie müsste sich auf die Anerkennung der menschlichen Vielfalt, der individuellen Freiheit und der sozialen Gerechtigkeit konzentrieren. Nur so können wir eine Gesellschaft gestalten, in der jeder Mensch die Möglichkeit hat, sein Potenzial zu entfalten und ein erfülltes Leben zu führen.

Die Herausforderung besteht darin, den Wert des Menschen nicht als abstraktes Ideal zu verkünden, sondern ihn in konkrete politische und gesellschaftliche Maßnahmen zu übersetzen.

Dies erfordert eine breite gesellschaftliche Debatte, in der die verschiedenen Perspektiven aufeinander treffen und kompromissbereite Lösungen gefunden werden. Derzeit (Sommer 2024) scheint diese Debatte in Deutschland an Fahrt aufgenommen zu haben, es ist wichtig dass diese Debatte nicht wieder im nichts versandet,